Bildsprache in Karikaturen

Bildsprache in Karikaturen

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Redactie 15 September 2016 751

Heute stellen die vielen politischen Spottbilder aus dem Ersten Weltkrieg eine interessante Quelle zu den Kriegsjahren und den Blick auf diese Zeit dar. Wichtig dabei ist die Nuance, dass es Wissen voraussetzt, um die Karikaturen tatsächlich lesen zu können. Sie greifen nämlich auf eine ganz eigene Bildsprache zurück. Dabei machte der Karikaturist Gebrauch von Metaphern: impliziten Vergleichen, in denen er den Krieg als ein Kegelspiel oder eine dahinkriechende Schildkröte darstellte oder die damaligen Machthaber die Welt wie eine Torte unter sich aufteilen ließ.
Um die Wiedererkennbarkeit prominenter Figuren und Machthaber zu steigern und sie zum Ziel seines Spotts zu machen, übertrieb der Karikaturist deren äußere Merkmale. Gern wurde etwa die Leibesfülle von Königin Victoria besonders hervorgehoben oder Wilhelm II. mit einem überproportionalen Schnauzbart versehen. Oft ging diese „physische“ Vergrößerung der Wirklichkeit mit einer Stereotypisierung einher, bei der auch Charaktereigenschaften verallgemeinert und vergrößert wurden. So tauchte Kronprinz Friedrich-Wilhelm regelmäßig als Bruder Leichtfuß oder verwöhntes Kind auf und wurde sein Vater Wilhelm II. als seniler alter Mann dargestellt. 

"La France, l’Angleterre, la Russie, la Belgique, la Serbie… mon vieux je crois que nous nous sommes fait bien des ennemis", Patrie!, 01/06/1916.
Neben den realen Machthabern spielten auch symbolische Figuren eine Rolle. Der Hahn oder die Figur der „Marianne“ etwa standen für Frankreich; letztere oft mit einer phrygischen Mütze geschmückt. Ein Löwe oder die gedrungene Gestalt des „John Bull“ personifizierte Großbritannien. Der russische Bär durfte je nach dem Standpunkt des Karikaturisten entweder tüchtig austeilen oder umgekehrt einstecken. Die Propaganda der Alliierten reduzierte die Deutschen auf Schweine mit Pickelhauben oder gab sie als wilde, furchterregende Affen wieder. Die kriegsführenden Parteien stellten sich gegenseitig als dämonisch und völlig vertrauensunwürdig dar, der Gegner tauchte in den Spottbildern als martialischer Oktopus auf, der seine Tentakel um die Kontinente schlang.
Auch abstrakte Begriffe wurden auf symbolische Weise dargestellt. Neben dem „Frieden“ oder dem „Heldenmut“ erhielt auch „der Tod“ seinen festen Platz in den oft bitteren Karikaturen, in denen er als Skelett die Unterzeichnung der Kriegserklärungen mitlas oder zusammen mit den Truppen über die Schlachtfelder raste.

"Dicke Bertha", De Vlaamsche stem: algemeen Belgisch dagblad, 04/06/1915.