Ein aktivistisches Bankett

Ein aktivistisches Bankett

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Redactie 09 oktober 2017 753

Auf Bitten der Aktivisten – jener flämischen Nationalisten, die mit der deutschen Besatzung kollaborierten – wurde die Genter Universität von den deutschen Besatzern im Jahr 1916 wiedereröffnet, jetzt mit Niederländisch als Unterrichtssprache. Die Einmischung der Deutschen verprellte viele Professoren und lediglich eine begrenzte Zahl von Studenten immatrikulierte sich. Dennoch hielt sich die „Flämische Hochschule“.

Während des zweiten akademischen Jahres unter deutscher Herrschaft feierte die Universität ihr einhundertjähriges Bestehen. Am 3. November 1917 zog eine Prozession von 200 Studenten mit Fahnen durch die Straßen Gents. Etwa sechzig Professoren ließen sich in Anwesenheit der deutschen Militärverwaltung ein reiches Bankett schmecken. Rektor Peter Hofmann bereicherte die Feier um eine militante Rede, in der er das Schicksal der Vlaamse Hogeschool nachdrücklich mit dem Deutschlands verband. 

Het programma van het Eeuwfeest (Collectie Universiteitsarchief Gent)

Das Festprogramm (Sammlung Universitätsarchiv Gent)

Aktivistische Tagesblätter bejubelten die Hogeschool und beschrieben die Feier als ein großes Volksfest. Der optimistische Ton dieser Berichte entbehrte nicht jeder Grundlage. Die Zeit, in der das Bankett stattfand, stellte einen Wendepunkt dar. Die Drohung mit Zwangsarbeit ließ die Zahl der Immatrikulationen ansteigen. Dennoch feierten längst nicht alle mit. Während die Professoren sich an Chormusik und gutem Essen labten, litt die Bevölkerung Hunger. Das rief sehr viel Groll hervor. Virginie Loveling beschrieb, wie hungrige Städter mit geballten Fäusten die durch die Stadt paradierenden Studenten beobachteten. Auch ideologisch gab es weiter Widerstand. Trotz der Verhaftung der wichtigsten Opponenten der Hogeschool lehnten die meisten flämischen Nationalisten auch weiterhin jede Zusammenarbeit mit den Deutschen ab. Wer sich an die Hogeschool verpflichtete, galt in ihren Augen als Landesverräter. Wer am Bankett der Deutschen Platz nahm, hatte Strafe verdient.

Nach dem Krieg übernahmen die Strafgerichte diese Sicht der Dinge. Die Teilnahme an dem Bankett wurde bei der Verfolgung von Kollaborateuren als sehr gravierend betrachtet. Die Prozessakten von Aktivisten erwähnen die Teilnahme an der Hundertjahrfeier und dem reichhaltigen Mal explizit als erschwerenden Umstand.

Dieses Jahr feiert die Genter Universität ihr zweihundertjähriges Bestehen. Eine Übersicht der Festlichkeiten findet sich auf der Website https://www.ugent.be/200/nl/programma