Die Madonnen von Pervijze

Die Madonnen von Pervijze

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Redactie 12 Mai 2017 766

Während des Ersten Weltkriegs waren Tausende von Frauen an der Front als Sanitäterinnen oder Krankenpflegerinnen aktiv, darunter die geschiedene englische Hebamme Elsie Knocker und die wohlhabende Schottin Mairi Chisholm.
Die Aufnahme und Versorgung der verwundeten Soldaten an der Front verliefen chaotisch. Das belgische Rote Kreuz war dem Zustrom von Verwundeten nicht gewachsen. An geschultem wie ungeschultem Personal herrschte großer Mangel. Hilfe kam aus Großbritannien: Dutzende junge Frauen boten sich als Freiwillige an.
Elsie und Mairi kannten sich schon von vor dem Krieg aufgrund ihrer geteilten Leidenschaft, dem Motorradfahren. Unter der Leitung von Doktor Hector Munro kamen sie an die Front. Munros Ambulance Corps wurde von der britischen und französischen Heeresleitung abgewiesen, jedoch beim Belgian Field Hospital eingesetzt. Das Corps holte unter gefährlichen Umständen Verwundete aus der Feuerlinie. Diese wurden anschließend in weiter von der Front entfernte Lazarette verbracht.

Elsie Knocker und Mairi Chisholm vor ihrem Verbandsplatz in Pervyse, 1918, Gemeinfrei (The Illustrated War News)
Aber Elsie und Mairi wollten mehr tun. Sie wollten näher an der Front für eine Erstversorgung bereitstehen. Der Transport in ein Krankenhaus kostete nämlich zu viele Verwundete das Leben. Munro war damit nicht einverstanden, aber Elsie und Mairi setzten sich durch. Sie verließen das Corps und eröffneten zusammen mit zwei Kollegen im November 1914 eine Ambulanz in einer Ruine in Pervijze, weniger als einhundert Meter von den Schützengräben entfernt. Sie gehörten nicht zum Roten Kreuz und arbeiteten vollkommen eigenständig.
Nur Elsie und Mairi blieben. Sie waren die einzigen Frauen, die so nah hinter den vordersten Linien der westlichen Front arbeiteten, und zwar gegen den Willen der britischen und französischen Heeresleitung. Sie blieben drei Jahre auf ihrem Posten, unterbrochen durch Geldsammelaktionen in Großbritannien sowie für Elsie durch eine kurze Hochzeitsreise mit einem belgischen Piloten. Mairis Verlobter, ebenfalls ein Pilot, verlor bei einem Absturz das Leben. Im Frühjahr 1918 entkamen sie knapp einem Gasangriff. Kurz darauf schloss die belgische Armee die Ambulanz.
 
Auf der Website des Imperial War Museum ist ein Interview mit Mairi Chisholm zu hören.